Ein Denkanstoß von Prof. Ferdinand Klein.

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Was grundsätzlich zu beachten ist:

Bei der Erziehung der Kinder aller Altersstufen wurde mir ein Satz des englischen Arztes und Sozialpsychiaters Ronald D. Laing bedeutsam. Für Laing ist jede Theorie, die nicht vom Menschen ausgeht, „Lüge und Betrug am Menschen“ (Klein/Neuhäuser 2006, S. 56). Seinem Standpunkt folge ich.

Mein Denken geht vom Kind aus, von seinem Bedürfnis, Können und Wollen. Gerade wenn das Lernen im Elternhaus und in der Kita durch äußere Umstände eingeschränkt ist und nicht wie gewohnt erfolgt, ist das Bemühen der Erwachsenen um einen dreifachen Kontakt geboten:

Abb. in Anlehnung an Langer, Inghard/Schulz von Thun, Friedemann/Tausch, Reinhard (2011): Sich verständlich ausdrücken, 9. Auflage, München/Basel, Reinhardt Verlag, S., 164

Um Kontakt mit sich selbst, mit dem lernenden Kind und mit dem Inhalt. Wie das gemeint ist, das zeigt die Abbildung, die auf den amerikanischen Psychotherapeuten Carl Rogers zurückgeht (Klein 2019, S. 13).

Rogers erkannte drei Haltungs-Momente, die für gute Beziehungen charakteristisch sind und die eigenen Ressourcen sowie die Ressourcen des anderen Menschen fördern:

  • Achtung des Anderen,
  • Einfühlung in die seelische Welt des Anderen und
  • Aufrichtigkeit, Klärung eigener Gedanken und Gefühle und Selbstöffnung gegenüber dem Anderen.

Die drei Haltungs-Momente sind grundlegend für jede Situation, in der Menschen einander begegnen und sich miteinander austauschen.

Für eine Erziehung mit Humor und heiterer Gelassenheit

Humorvoll und heiter zu handeln ist ein Grundsatz für das Erziehen des Kindes, das ihm seine persönliche Entwicklung zu ermöglichen hat. Dieser Grundsatz verhindert das Abrichten des Kindes für fremde Zwecke.

Was Humor nun wirklich ist, kann nicht klar definiert werden. Er lässt sich aber beschreiben und an Beispielen erläutern: Humor kann als Gabe eines Menschen verstanden werden, der die Unzulänglichkeiten der Welt und der Menschen, den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit begegnet. Dieser Mensch hat einen unverwüstlichen, ja einen goldenen Humor. Er ist heiter und glücklich. Seine innere Heiterkeit ist sein eigentliches Glück. Dieses Glück ist ein Geschenk des Friedens.

Die Erzieherpersönlichkeit nimmt die gegebene schwierige Situation wahr und spürt den in ihr verborgenen Sinn auf. Ihr Handeln wird nicht von den angetroffenen Bedingungen bestimmt, sondern von Entscheidungen, die sie trifft. Wenn sie sich von der schwierigen Situation distanziert und sich in innerer Schau dem Erleben des Kindes zuwendet, kann sie aus dem Störenden das Positive herausfiltern und zum Guten wandeln. Mit dieser Haltung hat sie gar keine Chance mehr sich über Schwierigkeiten zu ärgern.

„Freude erleben“ ist der ursprüngliche Sinn aller Bildung

In meiner langen Praxis erkannte ich, dass es für Kinder kein besseres Lernziel gibt als „Freude erleben“. Freude am Erleben, Tun und Zusammensein war der ursprüngliche Sinn der Bildung. Und heute sprechen Psychiater vom „Lernziel: Neurose“ vor allem auch deshalb, weil viele Erzieher und Erzieherinnen verlernt haben, das lebensbejahende und fröhliche Lernen des Kindes zu achten und zu fördern. Ihre Ängste stören die Entwicklung des Erlebens der Freude des Kindes. Deshalb haben sie darauf zu achten, was der Kabarettist Joachim Ringelnatz sagte: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“.

Fazit

In Kitas, in denen die Kinder mit Lust und Freude spielen und lernen, fühlt sich jedes Kind angenommen und geborgen. Es erlebt die aufschließende und ordnende Kraft des Vertrauens in die eigene Person und in das eigene Tun, in die Person des Anderen und in dessen Tun. Das Kind lernt mit Freude – und trotzt den Widerständen.

Literatur

  • Klein, F./Neuhäuser, G. (2006): Heilpädagogik als therapeutische Erziehung. München, Reinhardt
  • Klein, F. (2019): Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 3. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage. Köln, Bildungsverlag EINS

Der Autor

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Prof. em. Dr. Dr. Ferdinand Klein arbeitete als Erzieher, Heil- und Sonderpädagoge sowie Logotherapeut, wirkte an den Universitäten Würzburg, Mainz, Halle-Wittenberg, der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und als Emeritus an der Comenius-Universität Bratislava und der Eötvös-Loránd-Universität Budapest (Gusztáv-Bárczi-Fakultät für Heilpädagogik). In Projekten erforschte er die Bedingungen der integrativen und inklusiven Früherziehung. Im August 2019 wurde sein sozial- und heilpädagogisches Wirken mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande gewürdigt. Er lernt bis heute von Kindern.